Besonderheiten des italienischen Rechts

Bei der Erfüllung von Verpflichtungen „hat der Schuldner die Sorgfalt eines guten Familienvaters (buon padre di famiglia) anzuwenden“. So steht es im Art. 1176 des italienischen Zivilgesetzbuches. Da wir davon ausgehen, dass alle italienischen Familienväter grundsätzlich gut sind, bräuchten wir uns also keine Sorgen machen, wenn wir uns im italienischen Rechtssystem bewegen.

Dennoch möchten wir auf einige Besonderheiten des italienischen Rechts hinweisen. Dabei geht es nicht um detaillierte rechtliche Ausführungen, sondern, darum, dass bei einigen Bereichen besonderes Augenmerk erforderlich ist. Hierzu einige Beispiele:

Beispiel Immobilienkauf

Ein Vorvertrag über den Kauf einer Immobilie “preliminare” oder “compromesso” genannt, ist nach italienischem Recht grundsätzlich auch handschriftlich, d.h. ohne notarielle Beurkundung wirksam. Das Eigentum geht dadurch noch nicht über. Der Vorvertrag gibt aber den Parteien - unter bestimmten Voraussetzungen - das Recht, die notarielle Übertragung zu verlangen bzw. durchzusetzen.
Es ist üblich, dass der Käufer bei Unterzeichnung des Vorvertrages auch eine Anzahlung leistet. Der Käufer sollte dabei wissen, dass er die Anzahlung verlieren kann, wenn er den Vertrag nicht einhält. Der Verkäufer riskiert sogar, dass er das Doppelte der Anzahlung an den Käufer bezahlen muss, wenn er den Vorvertrag nicht erfüllt.

Beispiel Arbeitsverhältnis

Ein Angestellter bekommt in Italien – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – grundsätzlich eine Abfindung (trattamento fine rapporto), die in etwa mit einem Monatslohn pro Jahr der Betriebszugehörigkeit berechnet wird. Dafür muss eine diesbezügliche Rückstellung gebildet oder diese in einen speziellen Fond einbezahlt werden.

Beispiel Erbrecht

Wer nach italienischem Recht testamentarisch geerbt hat, muss das Erbe durch Veröffentlichung (pubblicazione) des Testaments herbeiführen, welche ein Notar vornimmt.

Beispiel Immobilienbesitz

Insbesondere Immobilieneigentümer in Italien sollten wissen, dass das italienische Recht auch eine “bösgläubige“ Ersitzung (usucapione) kennt.
Wenn jemand „Unberechtigtes“ die Immobilie z.B. bewohnt, obwohl dieser weder Eigentümer ist, noch sonst eine Berechtigung hat und dies auch weiss, kann es dennoch sein, dass er nach 20 Jahren eine Klage einreicht, so dass ihm die Immobilie als Eigentum zugesprochen wird.

Beispiel Grundsteuer (IMU = Imposta municipale Unica)

Die IMU ersetzt die frühere ICI. Die italienische Grundsteuer wird jedes Jahr neu berechnet. Der Immobilieneigentümer bekommt keine Mitteilung oder Rechnung über deren aktuelle Höhe und Fälligkeit. Vielmehr muss sich der Eigentümer darüber – am besten über einen Steuerberater – selbst die Information einholen.

Beispiel Eigentumsvorbehalt

Ein Eigentumsvorbehalt (riserva di proprietà) bezüglich Maschinen mit einem Wert über 15 Euro muss bei dem zuständigen, eigens dafür vorgesehenen Register eingetragen werden, wenn sie Dritten gegenüber Wirkung haben soll.

Beispiel Vertragsstrafe

Eine Vertragsstrafe (penale) kann nach italienischem Recht von einem Richter auch dann herabgesetzt werden, wenn diese zwischen Kaufleuten vereinbart wurde und der Richter diese als unverhältnismäßig hoch ansieht.

Beispiel Vergleich

Bei gerichtlichen Vergleichen haften die Parteien für alle Anwaltshonorare solidarisch, wenn nicht ein entsprechender Verzicht in den Vergleich mit aufgenommen wird.
So kann es passieren, dass der Kläger die Anwaltskosten des Beklagten übernehmen muss, obwohl in der Sache selber ein – eigentlich abschließender - Vergleich geschlossen wurde.

Beispiel Vertragsklauseln

Bestimmte Klauseln in Verträgen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sogenannte lästige Klauseln (clausole vessatorie), wie z.B.:

  • Gerichtsstands- oder Rechtswahlwahl
  • die Vereinbarung einer Vertragsstrafe oder eines
  • Rücktrittsrechts etc.

bedürfen, damit sie wirksam werden, einer gesonderten Unterschrift (doppia firma).

Beispiel AGB

Ein deutscher Unternehmer sollte darauf achten, dass er mit seinem Vertragspartner in Italien, also im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr, seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich vereinbart. Es genügt in der Regel nicht, diese über die Homepage zur Verfügung zu stellen oder in einer Auftragsbestätigung auf die AGB hinzuweisen. Empfehlenswert ist zumindest ein kurzer Satz, der Bestandteil der zu unterzeichnenden Vereinbarung ist, wonach die AGB ausdrücklich vereinbart werden.

Beispiel förmliche Registrierung

Eine Vielzahl von Verträgen, z.B.:

  • Kaufverträge über Grundstücke, PKW’s und Boote
  • die meisten Mietverträge

bedürfen nach italienischem Recht einer förmlichen Registrierung (registrazione), die einer diesbezüglichen Steuer unterliegt.

Beispiel Urkunden/Verträge

Einige Urkunden/Verträge müssen nach italienischem Recht ein „sicheres Datum“ (data certa) aufweisen. Es genügt nicht, dass ein Datum darin enthalten ist, sondern das Datum muss, z.B. durch die bereits erwähnte Registrierung des Vertrages – oder auch durch einen Poststempel auf der Urkunde – nachgewiesen sein.

Beispiel Scontrino

Wenn Sie in Italien begeistert und/oder beschwingt eine Bar, ein Laden oder ein Restaurant verlassen, denken Sie daran die Quittung, den “scontrino“ mitzunehmen. Bitte behalten Sie diesen zumindest solange, wie Sie sich in der Nähe des Lokals / Ladens befinden. Andernfalls kann es zu Strafen bis zu 150.– Euro kommen und für den Inhaber eine erhebliche Strafe, ja sogar den Entzug der Konzession nach sich ziehen.

Beispiel Barzahlungen

Achten Sie bitte darauf, dass Barzahlungen über 4.999,99 EURO in Italien grundsätzlich nicht erlaubt sind.